09.10.2018
Glockenjubiläum an St. Wenzel
„Festgemauert in der Erden steht die Form, aus Lehm gebrannt. Heute muss die Glocke werden, frisch, Gesellen, seid zur Hand.“ (F. Schiller, Die Glocke)
500 Jahre lang, also ein halbes Jahrtausend nun schon läuten unsere kostbaren Glocken in St.Wenzel.
Sie rufen sonntags zum Gottesdienst. Sie läuten mittags um 12 Uhr und erinnern uns an ein Gebet und daran, unseren Alltag zu unterbrechen.
Um 18 Uhr läuten sie den Feierabend ein: Da soll ruhen, wer den ganzen Tag gearbeitet hat. Und: „Wenn es läutet, dann bist du zu Hause!“ Kennen Sie diesen Satz? Mich hat er in meiner Kindheit begleitet, solange ich keine Uhr besaß.
Mit dem großen Stadtbrand 1517 waren auch die einstigen Glocken in St. Wenzel zer- stört, aber mit dem noch vorhandenen Material hatte man nur ein Jahr später von Mei- ster Martin Hilliger aus Freiberg in Sachsen in neues Dreiergeläut gießen lassen und er- halten.
Die größte Glocke - sie hängt in der Mitte - hat einen Durchmesser von etwa anderthalb Meter. Die anderen beiden rechts und links sind etwas kleiner.
Auf der größten in der Mitte können wir in gotischen Lettern aus Psalm 113,2 lesen: „Gelobt sei der Name des HERRN von nun an bis in Ewigkeit!“
Wenn also die Glocken seitdem zur Taufe die Kinder ins Leben geläutet haben – dann galt und gilt: Gelobt sei der Name des HERRN.
Wenn die Konfirmandinnen und Konfirmanden ihr Ja zu Gott sprachen und den Segen für ihr Leben erhalten haben – Gelobt sei der Name des HERRN.
Wenn sich zwei Menschen das Jawort gegeben haben – Gelobt sei der Name des HERRN.
Immer schwang und schwingt dieses Gotteslob mit den Glocken mit und begleitet jedes Gebet in dieser Kirche zum Himmel.
„Und dies sei fortan ihr Beruf, Wozu der Meister sie erschuf!
Hoch überm niedern Erdenleben Soll sie im blauen Himmelszelt
Die Nachbarin des Donners schweben Und grenzen an die Sternenwelt, Soll eine Stimme sein von oben, Wie der Gestirne helle Schar,
Die ihren Schöpfer wandelnd loben Und führen das bekränzte Jahr.
Nur ewigen und ernsten Dingen Sei ihr metallner Mund geweiht,
Und stündlich mit den schnellen Schwingen Berühr im Fluge sie die Zeit, Dem Schicksal leihe sie die Zunge, Selbst herzlos, ohne Mitgefühl, Begleite sie mit ihrem Schwunge Des Lebens wechselvolles Spiel.
Und wie der Klang im Ohr vergehet, Der mächtig tönend ihr entschallt, So lehre sie, daß nichts bestehet, Daß alles Irdische verhallt.
Jetzo mit der Kraft des Stranges Wiegt die Glock mir aus der Gruft,
Daß sie in das Reich des Klanges Steige, in die Himmelsluft.
Zehet, ziehet, hebt! Sie bewegt sich, schwebt,
Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Geläute. Friede sei ihr erst Geläute! „
Ich habe Ihnen diese Zeilen aus Schillers Glocke darum niedergeschrieben, weil die Glo- cken seit alters her oft diesen Friedensgruß als Aufschrift trugen. Und so ist es auch bei den Glocken in St. Wenzel, nämlich auf der mittelgroßen (1,25 m Durchmesser) lesen wir: „Christus, König der Herrlichkeit, komme mit deinem heiligsten Frieden.“ Dieses soge- nannte „Glockengebet“, diese Friedensbitte schwingt ein jedesmal mit in den Himmel. So klingen die Glocken seit Jahrhunderten mit den Glücklichen mit, sie weinen mit den Weinenden, sie geleiten mit ihrem Klang die Sterbenden ins ewige Leben. Seit 500 Jah- ren läuten sie zur Taufe, zur Hochzeit, zum Totengedenken. Sie läuteten, wenn Gefahr drohte, wenn Feuer ausbrach oder wenn endlich Frieden war und alljährlich zum Beginn des neuen Jahres. Immer haben sie ihre Stimme erhoben. Seit Generationen schon. Cis – f- gis. Ein vertrauter Klang des Glaubens über unserer Stadt. Seit 500 Jahren. Und so soll es bleiben, noch viele Jahre lang.
Für uns und unsere Kinder und alle die kommen und glauben und dem vertrauen, der uns Frieden verheißen hat. Wir haben ihn nötig.
Gelobt sei der Name des HERRN - von nun an bis in Ewigkeit!